SWISS TAKEOVER BOARD

Transaktionen

0372 - Hiestand Holding AG

Empfehlung I in Sachen Hiestand Holding AG vom 06. Juni 2008

Öffentliches Tauschangebot der IAWS Group Plc via ANPHI Holding AG für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der Hiestand Holding AG – Gesuch um Empfehlung vor Voranmeldung

A. 
Hiestand Holding AG (Hiestand) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Lupfig (AG). Sie verfügt über ein Aktienkapital von CHF 531'930, eingeteilt in 531'930 voll liberierte Namenaktien mit einem Nennwert von CHF 1. Die Namenaktien sind im Hauptsegment der SWX Swiss Exchange kotiert (SWX: HIEN).

B. 
IAWS Group PLC (IAWS) ist eine Irische Gesellschaft mit Sitz in Dublin. Die IAWS-Aktien sind in Irland und Grossbritannien kotiert und werden an der Dublin und der London Stock Exchange gehandelt.

C. 
ANPHI Holding AG (ANPHI) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich. Sie verfügt über ein Aktienkapital von CHF 100'000, eingeteilt in 100'000 Namenaktien mit einem Nennwert von CHF 1. ANPHI wird zu 100% von IAWS kontrolliert.

D. 
IAWS hält über ihre zu 100% kontrollierte Tochtergesellschaft Blixen Limited (Irland)  32% der Stimmrechte und des Kapitals von Hiestand. Sie ist damit deren grösste Aktionärin. Eine Beteiligung von 31.96% hält die Private Equity-Gesellschaft Lion Capital LLP (Lion Capital). IAWS und Lion Capital werden vor dem 9. Juni 2008 einen Vertrag über den Erwerb der Lion Capital-Beteiligung durch IAWS schliessen. Nach Vollzug dieses Vertrags wird
IAWS über eine Beteiligung von rund 64% der Stimmrechte und des Kapitals von Hiestand verfügen.

E. 
IAWS und Hiestand beabsichtigen, ihre Geschäfte unter dem Dach der ANPHI zu vereinigen.

F. 
In ihrer Eingabe an die Übernahmekommission (UEK) vom 1. Juni 2008 erläuterten IAWS und ANPHI (zusammen: Gesuchstellerinnen) die geplante Transaktion, welche noch vor dem 9. Juni 2008 vertraglich vereinbart werden soll (Business Combination Agreement zwischen IAWS, Hiestand und ANPHI). Zusammengefasst und vereinfacht stellt sie sich wie folgt dar:

1. IAWS und Lion Capital werden vor dem 9. Juni 2008 den Kauf/Tausch der 170'000 von Lion Capital gehaltenen Hiestand Aktien (entsprechend 31.96% der Stimmrechte) gegen Aktien der IAWS und einen Barbetrag vereinbaren.

Das entsprechende Share Purchase Agreement (SPA) beabsichtigt IAWS mit Lion/Hotel Cayman 1 Limited, George Town, Grand Cayman, Cayman Islands (Cayco), abzuschliessen. Cayco ist eine direkte Tochtergesellschaft von Lion Capital und wird von dieser kontrolliert. Das SPA bezieht sich nicht auf die Hiestand-Aktien direkt, sondern auf sämtliche Aktien der von der Cayco zu 100% gehaltenen Lion/Hotel Lux 1 S.à.r.l, Luxemburg (Luxco). Luxco wiederum hält eine Beteiligung von 100% an der Lion/Hotel Dutch 1 B.V., Amsterdam, Niederlande (Dutchco). Dutchco schliesslich hält die Lion-Beteiligung an Hiestand.

Der Vollzug des SPA und damit die Übertragung der Lion-Beteiligung an Hiestand auf IAWS erfolgt voraussichtlich Ende Juli oder Anfangs August 2008.

IAWS plant die Bekanntgabe des SPA am 9. Juni 2008 vor Börsenbeginn.

2. Gleichzeitig mit der Bekanntgabe des SPA wird IAWS ein „Scheme of Arrangement“-Verfahren gemäss Section 201 des irischen Companies Act 1963 (Scheme) mit ANPHI in Gang setzen. Dieses Verfahren steht unter der Aufsicht des Irish High Court. In diesem Verfahren sollen sämtliche Aktien der IAWS vernichtet und an ANPHI neu ausgegeben werden. Im Gegenzug erhalten die bisherigen IAWS-Aktionäre ANPHI-Aktien. Im Ergebnis führt es zu einem Tausch der bisherigen IAWS-Aktien durch ANPHI-Aktien.

Der Abschluss des Scheme durch Ausgabe von ANPHI-Aktien an die früheren IAWS-Aktionäre ist für die zweite Hälfte August 2008 geplant.

3. Ebenfalls am 9. Juni 2008 vor Börsenbeginn wird IAWS via ANPHI ein öffentliches Tauschangebot für sämtliche sich im Publikum befindenden Namenaktien der Hiestand in den elektronischen Medien voranmelden. Angeboten werden sollen ANPHI-Aktien.

4. An Stelle der Durchführung eines typischen öffentlichen Tauschangebots soll Hiestand mittels Absorptionsfusion gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 4 Abs. 1 lit. a FusG in ANPHI fusionieren. Die Hiestand-Aktionäre erhalten dabei die in der Voranmeldung vom 9. Juni 2008 angekündigte Anzahl ANPHI-Aktien.

Die Beschlussfassungen der Generalversammlungen von ANPHI und Hiestand sollen nach Vollzug des SPA voraussichtlich am 10. August 2008 erfolgen.

5. Am Ende der Transaktion erfolgt die Kotierung der ANPHI-Aktie sowohl an der SWX Swiss Exchange, als auch an der Irischen Börse.

6. Das Business Combination Agreement fällt dahin, wenn die Transaktion am 31. Oktober 2008 nicht vollzogen ist.

G. 
Die Gesuchstellerinnen stellen folgende Anträge:

„1. It shall be confirmed that consideration under the Exchange Offer complies with the minimum price rule under the Swiss Stock Exchange Act and its implementing ordinances.

2. It shall be confirmed that the transactions under the Share Purchase Agreement constitutes a purchase prior to the Exchange Offer scheduled to be pre-announced on June 9, 2006.

3. The obligation of ANPHI to publish the offer prospectus under the Exchange Offer shall be suspended until after registration of the Merger in the commercial register, provided (unter der Auflage) that the Merger is completed by October 31, 2008.

4. ANPHI shall be exempted from the obligation to publish the offer prospectus pursuant to Art. 4 UEV-UEK in conjunction with Art. 17 et seq. UEV-UEK, provided (unter der Auflage) that the Merger is completed by October 31, 2008.

5. It shall be confirmed that Lion Capital and Cayco are not deemed acting in Concert with IAWS and its subsidiaries and ANPHI pursuant to Art. 27 BEHV-EBK and Art. 11 UEV-UEK.

6. It shall be confirmed that IAWS and its subsidiaries and ANPHI are deemed to be acting in concert pursuant to Art. 11 UEV-UEK.

7. The recommendation shall be published only upon public announcement of the Transaction.”

H. 
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 2. Juni 2008 wurde Hiestand zur Stellungnahme zum Gesuch aufgefordert. Die entsprechende Eingabe erfolgte fristgerecht am 3. Juni 2008. Der Verwaltungsrat der Hiestand stimmt der geplanten Transaktion zu. Er hält die geplante Fusion im Vergleich zu einem typischen Pflichtangebot für vorteilhaft und weist darauf hin, dass er sich das Recht vorbehalte, den Hiestand-Aktionären die Ablehnung eines allfälligen typischen Pflichtangebots zu empfehlen.

I.  
Der Bericht der von IAWS als Prüfstelle eingesetzten PricewaterhouseCoopers AG (Prüfstelle) ist noch ausstehend.

J.  
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss, bestehend aus den Herren Luc Thévenoz (Präsident), Raymund Breu und Henry Peter gebildet.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Ausnahme von der Pflicht zur Publikation des Angebotsprospekts

1. Wer durch den Erwerb von Beteiligungspapieren den Grenzwert von 33 1/3% der Stimmrechte einer Zielgesellschaft überschreitet, muss gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG für alle kotierten Beteiligungspapiere der Gesellschaft ein Angebot unterbreiten. Folglich wird IAWS mit der Erhöhung ihrer Hiestand-Beteiligung von 32% auf rund 64% der Stimmrechte durch den Vollzug des Vertrags mit Lion Capital (vgl. oben lit. D) angebotspflichtig.

2. Im Hinblick auf die Erfüllung dieser Pflicht plant IAWS für den 9. Juni 2008 die Voranmeldung eines Tauschangebots gemäss Art. 7 ff. UEV-UEK. In der Folge soll den Hiestand-Aktionären jedoch nicht ein ordentliches öffentliches Tauschangebot gemacht werden. Vielmehr soll ein – ökonomisch gleichwertiger – Aktientausch im Rahmen einer Fusion von Hiestand mit ANPHI erfolgen (vgl. oben lit. F Ziff. 3 und 4).

3. In der – auch von Hiestand vertretenen – Auffassung, dass nach erfolgter Fusion das vorangemeldete Tauschangebot objektiv unmöglich bzw. gegenstandslos wird, beantragen die Gesuchsteller den Aufschub der Pflicht zur Publikation des Angebotsprospekts innerhalb von sechs Wochen ab der Voranmeldung (Art. 9 Abs. 1 UEV-UEK) bzw. eine Ausnahme von dieser Pflicht, unter der Auflage, dass die Fusion bis 31. Oktober 2008 durchgeführt ist (Rechtsbegehren 3 und 4).

1.1 Fusion als atypisches Tauschangebot

4. Mit ihren Vorbringen implizieren die Gesuchstellerinnen und Hiestand, dass die in Art. 32 Abs. 1 BEHG statuierte Angebotspflicht nur mittels Durchführung eines typischen öffentlichen Kauf- oder Tauschangebots erfüllt werden kann und folglich durch die geplante Fusion nicht erfüllt wird.

5. Mit dieser Ansicht wird allerdings dem Unterschied zwischen der Angebotspflicht einerseits und dem Angebot andererseits nicht in genügender Weise Rechnung getragen. Wer die Schwelle gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG überschreitet, muss den Aktionären der Zielgesellschaft zwingend ein „Angebot“ machen, das den Anforderungen des Übernahmerechts genügt. Daraus folgt jedoch nicht, dass auch die Struktur des Geschäfts, mit dem die Angebotspflicht erfüllt wird, zwingend einem typischen öffentlichen Kauf- oder Tauschangebot entsprechen muss. Die Angebotspflicht kann folglich auch auf dem Weg der Fusion nach Fusionsgesetz erfüllt werden, wenn diese im konkreten Fall derart ausgestaltet wird, dass sie aus übernahmerechtlicher Sicht dem typischen Angebot funktional ebenbürtig ist. Dies setzt voraus, dass die Grundprinzipien des Übernahmerechts eingehalten werden. So sind z.B. die Bestimmungen über den Mindestpreis zwingend einzuhalten. Ein vorangemeldetes Tauschangebot wird in einem solchen Fall demnach nicht durch die Fusion verunmöglicht. Vielmehr wird das Tauschangebot im (atypischen) Kleid einer Fusion tatsächlich durchgeführt. Die (erfolgreiche) Fusion führt damit zum Untergang der Angebotspflicht infolge Erfüllung. Im Falle des Scheiterns der Fusion bleibt die Angebotspflicht allerdings bestehen und muss mittels eines typischen Angebots erfüllt werden.

6. Einem analogen Ansatz folgt der britische City Code in Appendix 7 Section 1 betreffend die Verwendung von „schemes of arrangement“ an Stelle von typischen öffentlichen Angeboten („contractual offers“): „The provisions of the Code apply to an offer effected by means of a scheme of arrangement in the same way as they apply to an offer effected by means of a contractual offer, except as set out in this Appendix 7.” Gemäss Appendix 7 Section 2 werden Schemes auch zur Erfüllung von Pflichtangeboten akzeptiert, wenn das Takeover Panel vorab zustimmt. Diese Zustimmung setzt unter anderem voraus, dass im Falle des Scheiterns des Schemes ein typisches Angebot durchgeführt wird (vgl. City Code Appendix 7, Notes on Section 2, Ziff. 1. Abs. 2).

1.2. Funktionale Gleichwertigkeit der geplanten Fusion mit einem typischen Tauschangebot

7. Das am 9. Juni 2008 anzukündigende Angebot ist zwar zunächst freiwillig, wird jedoch noch vor der geplanten Fusion zu einem Pflichtangebot werden, sobald das SPA vollzogen wird (vgl. oben Rz. 1). Ein Pflichtangebot kann nicht unter die Bedingung einer Andienungsquote gestellt werden (vgl. Art. 32 Abs. 2 BEHG). Der Empfänger eines Pflicht-Tauschangebots kann seine Aktien daher auch dann eintauschen, wenn die anderen Angebotsempfänger darauf verzichten. Anders bei der Fusion: Stimmen die Generalversammlungen der beteiligten Gesellschaften nicht zu, hat der einzelne tauschwillige Aktionär das Nachsehen. An funktionaler Gleichwertigkeit fehlt es also, wenn die Fusion nicht zustande kommt. Daher ist in einen solchen Fall denn auch ein nachträgliches typisches Angebot zu machen (vgl. oben Rz. 5).

8. Umgekehrt kann der Empfänger eines typischen Tauschangebots seine Aktien auch dann behalten, wenn ein Grossteil der anderen Angebotsempfänger seine Papiere andient. Erst bei Erreichen einer Schwelle von 98% kann der Angebotsempfänger zum „Tausch“ gezwungen werden (Art. 33 BEHG). Anders bei der Fusion: Hier genügen (mangels abweichender Statutenbestimmungen der involvierten Gesellschaften) die Zustimmung von zwei Dritteln der an den massgeblichen Generalversammlungen vertretenen Stimmrechte (Art. 18 Abs. 1 lit. a FusG) für den „Zwangstausch“. Der Umtauschzwang der Fusion erscheint damit als zentraler Unterschied im Vergleich zur Andienungsfreiheit beim ordentlichen Tauschangebot.

9. Dieser zweite Unterschied ist allerdings gleichzeitig zu relativieren. Dies deshalb, weil es dem Anbieter unbenommen ist, nach Durchführung eines typischen Angebots in einem zweiten Schritt eine Fusion anzustreben. Die Andienungsfreiheit des tauschunwilligen Aktionärs wird dabei nicht mehr (bzw. nur mehr durch die fusionsrechtlichen Quoren) geschützt.

10. Bei der Beurteilung, ob eine konkrete Fusion einem öffentlichen Tauschangebot funktional gleichwertig ist, muss sowohl der Widerspruch zwischen Umtauschzwang und Andienungsfreiheit berücksichtigt werden, als auch der Umstand, dass dieser Widerspruch relativiert wird durch die Möglichkeit, anschliessend an ein öffentliches Angebot eine Fusion durchzuführen.

11. Vorliegend bedarf es an der Generalversammlung der Hiestand für den Beschluss über die Fusion mit ANPHI des gesetzlichen Quorums von zwei Dritteln der an der Generalversammlung vertretenen Aktienstimmen gemäss Art. 18 Abs. 1 lit. a FusG (Hiestand kennt keine abweichende Statutenbestimmung). Nach Vollzug des SPA mit Lion Capital wird IAWS über rund 64% der Hiestand-Stimmrechte verfügen (vgl. oben lit. D). IAWS wird damit mit grosser Wahrscheinlichkeit – gemäss Stellungnahme der Hiestand schon wegen des Bestands an Dispo-Aktien – an der für den 10. August 2008 geplanten Hiestand-Generalversammlung (vgl. oben lit. F. Ziff. 4) über mehr als zwei Drittel der vertretenen Aktienstimmen verfügen, soweit sie mit Stimmrecht im Aktienbuch eingetragen ist. Aus der Stellungnahme der Hiestand ist zu schliessen, dass dieser Eintragung nichts entgegenstehen wird.

12. Der „Wegfall“ der Andienungsfreiheit steht der Erfüllung der Angebotspflicht mittels Fusion im vorliegenden Fall daher nicht entgegen. An Stelle des mit Antrag 3 verlangten Aufschubs und der mit Antrag 4 verlangten Ausnahmegewährung ist deshalb festzustellen, dass das mit der Voranmeldung vom 9. Juni 2008 anzukündigende Tauschangebot im Rahmen der der UEK vorgelegten Gesamttransaktion mittels der geplanten Fusion durchgeführt werden kann. Die IAWS ist darauf aumerksam zu machen, dass sie zur Vornahme eines typischen öffentlichen Angebots verpflichtet ist, sollte die Fusion bis 31. Oktober 2008 nicht abgeschlossen sein.

1.3 Angebotsdokumente sind zu publizieren

13. Nach dem Gesagten liegt auch bei Durchführung mittels Fusion ein „Angebot“ im Sinne von Art. 32 Abs. 1 BEHG vor. Dementsprechend sind grundsätzlich auch in diesem Fall die Angebotsdokumente und insbesondere ein Angebotsprospekt zu veröffentlichen.

14. In Bezug auf Zeitpunkt, Form und Inhalt der Publikation der Angebotsdokumente wird jedoch den Besonderheiten der Durchführung des Angebots mittels Fusion Rechnung zu tragen sein. Die Beurteilung der diesbezüglichen Einzelheiten erfolgt – nach Anhörung der Parteien – in einer weiteren Empfehlung zu einem späteren Zeitpunkt.

2. Angebotspreis

2.1 Mindestpreis

15.       Der UEK liegen die für die Beurteilung der Einhaltung des Mindestpreises massgeblichen Angaben und der Bericht der Prüfstelle derzeit noch nicht vor. Sie wird sich in einer weiteren Empfehlung dazu äussern, sobald sie über die entsprechenden Informationen verfügt.

2.2 Best Price Rule und vorausgegangener Erwerb

16. Gemäss Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK dürfen die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen nach Veröffentlichung des Angebots keine Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben, ohne diesen Preis allen Empfängern des Angebots anzubieten (Best Price Rule). Gemäss Praxis der Übernahmekommission gilt diese Regel ab Veröffentlichung der Voranmeldung während der ganzen Dauer des Angebots und während sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist (vgl. Empfehlung III vom 6. Oktober 2007 in Sachen Unilabs S.A., Erw. 4).

17. Vorliegend stellt sich konkret die Frage, ob der von IAWS mit Lion Capital vereinbarte Kaufpreis für deren Hiestand-Paket unter der Best Price Rule von Relevanz ist oder als vorausgegangener Erwerb gilt (Antrag 2).

18. Gemäss Praxis der UEK liegt auch in einem solchen Fall noch vorausgegangener Erwerb vor, solange der Erwerb der Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft durch die Anbieterin (bzw. durch eine mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnde Person) nicht durch eine aufschiebende oder auflösende Bedingung an das Angebot bzw. an den Erfolg des Angebots geknüpft wird und umgekehrt das Angebot nicht vom Vollzug des SPA abhängig ist (vgl. Empfehlung I vom 22. August 2007 in Sachen Unilabs S.A., Erw. 2.4 und 2.5).

19. Vorliegend ist weder das SPA an den Erfolg des Angebots, noch das Angebot an den Erfolg des SPA geknüpft. Folglich ist in Gutheissung von Antrag 2 festzustellen, dass der Erwerb von 170'000 Hiestand-Aktien gemäss SPA als vorausgegangener Erwerb im Sinne von Art. 32 Abs. 4 BEHG und Art. 38 BEHV-EBK zu qualifizieren ist, sofern das SPA vor der Veröffentlichung der Voranmeldung abgeschlossen wird.

4. Handeln in gemeinsamer Absprache

20. Die Gesuchstellerinnen ersuchen um Feststellung, dass sie mit Lion Capital und Cayco weder gemäss Art. 27 BEHV-EBK noch gemäss Art. 11 UEV-UEK in gemeinsamer Absprache handeln (Antrag 5).

4.1 Handeln in gemeinsamer Absprache im Hinblick auf die Beherrschung

21. Gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG i.V.m. Art. 27 und Art. 15 Abs. 1 und 2 BEHV-EBK handelt in gemeinsamer Absprache, wer sich im Hinblick auf die Beherrschung der Zielgesellschaft mit Dritten durch Vertrag oder andere organisierte Vorkehren abstimmt. Personen, die als in gemeinsamer Absprache im Hinblick auf die Beherrschung handelnd gelten, werden angebotspflichtig, wenn sie gemeinsam die Schwelle von 33 1/3% der Stimmrechte der einer Gesellschaft überschreiten.

22. Das SPA, welches der UEK im Entwurf (WGM Draft 4: 07/05/08) vorliegt, nimmt direkt keinen Bezug auf die Hiestand und deren Geschäft. Immerhin ist in Ziff. 3 des SPA vorgesehen, dass nach Vollzug des SPA Lyndon Lea, ein Direktor von Lion Capital, im Verwaltungsrat der IAWS Einsitz nehmen wird. Eine gemeinsame Absprache im Hinblick auf die Beherrschung der Hiestand, deren Konsequenz namentlich wäre, dass die IAWS und Lion Capital gemeinsam angebotspflichtig würden, ist darin allerdings nicht zu erblicken. Es kann daher festgestellt werden, dass das SPA kein Handeln in gemeinsamer Absprache im Hinblick auf die Beherrschung begründet.

4.2 Handeln in gemeinsamer Absprache im Hinblick auf das Angebot

23. Gemäss Art. 24 Abs. 3 BEHG i.V.m. Art. 11 UEV-UEK und Art. 15. Abs. 2 BEHV-EBK handelt in gemeinsamer Absprache, wer sich im Hinblick auf ein Angebot mit Dritten durch Vertrag oder andere organisierte Vorkehren abstimmt. Personen, die als in gemeinsamer Absprache im Hinblick auf ein Angebot handelnd gelten, unterstehen den Pflichten gemäss Art. 12 UEV-UEK.

24. Das SPA nimmt keinen Bezug auf das geplante Angebot und ist nicht daran gekoppelt. Es kann daher festgestellt werden, dass das SPA auch gemäss Art. 11 UEV-UEK kein Handeln in gemeinsamer Absprache begründet.

25. Die Gesuchstellerinnen ersuchen zudem um Feststellung, dass IAWS, ihre Tochtergesellschaften und ANPHI in gemeinsamer Absprache nach Art. 11 UEV-UEK handeln (Antrag 6). Eine explizite diesbezügliche Feststellung erscheint allerdings nicht erforderlich. Es genügt, wenn die entsprechende Information im Angebotsprospekt (vgl. oben Erw. 1.3) angeführt wird.

26. Schliesslich äussern die Gesuchstellerinnen in ihrer Eingabe die Ansicht, es bestehe kein Handeln in gemeinsamer Absprache im Hinblick auf das Angebot zwischen ihnen und Hiestand, ohne ein ausdrückliches Gesuch zur Klärung dieser Frage zu stellen. Die Gesuchsteller begründen ihre Ansicht damit, das Business Combination Agreement und das Merger Agreement würden im Hinblick auf die Fusion und nicht auf das anzukündigende Tauschangebot abgeschlossen. Wie gesehen, stellt aber die Fusion selbst ein atypisches Tauschangebot dar. Im Hinblick darauf handeln die Gesuchsteller und Hiestand ohne weiteres in gemeinsamer Absprache, womit Hiestand den Pflichten gemäss Art. 12 UEV-UEK untersteht. Ob im Fall, dass die Fusion nicht abgeschlossen wird und an ihre Stelle ein atypisches Angebot tritt, diese Absprache weiterbesteht, kann geprüft werden, wenn er eintritt.

5. Publikation

27. Die vorliegende Empfehlung wird am Tag der Publikation der Voranmeldung auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

6. Gebühr

28. Die Gebühr für diese Empfehlung wird mit der Empfehlung der Übernahmekommission betreffend die Prüfung des öffentlichen Übernahmeangebots der IAWS erhoben.



Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:

  1. Es wird festgestellt, dass das mit Voranmeldung vom 9. Juni 2008 anzukündigende Tauschangebot der IAWS Group PLC via die ANPHI Holding AG im Rahmen der der UEK vorgelegten Gesamttransaktion mittels Fusion der Hiestand Holding AG und der ANPHI erfolgen kann, unter der Auflage, dass die Grundprinzipien des Übernahmerechts eingehalten werden und der Bedingung, dass die Fusion bis 31. Oktober 2008 abgeschlossen ist.

  2. Unter der Voraussetzung, dass das der UEK im Entwurf vorliegende Share Purchase Agreement vor der Veröffentlichung der Voranmeldung tatsächlich abgeschlossen wird, wird festgestellt, dass der mit dem Share Purchase Agreement zu vereinbarende Erwerb von 170’000 Hiestand-Namenaktien durch die IAWS nicht in den Anwendungsbereich der in Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK festgelegten Best Price Rule fällt. Der Erwerb ist als vorausgegangener Erwerb von Beteiligungspapieren im Sinne von Art. 32 Abs. 4 BEHG und Art. 38 BEHV-EBK zu qualifizieren

  3. Es wird festgestellt, dass aufgrund des der UEK im Entwurf vorliegenden Share Purchase Agreement, die IAWS, ihre Tochtergesellschaften und ANPHI weder nach Art. 11 UEV-UEK noch nach Art. 27 BEHV-EBK in gemeinsamer Absprache mit Lion Capital LLP und Lion/Hotel Cayman 1 Limited handeln.

  4. Die vorliegende Empfehlung wird am Tag der Publikation der Voranmeldung auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

 

Der Präsident:

Luc Thévenoz

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die
Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.

 

Mitteilung an:

  • IAWS und ANPHI (vertreten durch Niederer Kraft & Frey AG, Dr. Andreas Casutt und Philipp Haas);
  • Hiestand (vertreten durch Bär & Karrer AG, Prof. Dr. Rolf Watter und Dr. Dieter Dubs);
  • die Eidgenössische Bankenkommission;
  • die Prüfstelle (zur Kenntnisnahme).