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Transaktionen

0150 - Logitech International SA

Empfehlung in Sachen Logitech International S.A. vom 20. Januar 2003

Nachträgliche Beurteilung des öffentlichen Rückkaufs eigener Aktien der Logitech International S.A., Apples

A.
Die Logitech International S.A. („Logitech“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Apples (VD). Ihr Aktienkapital beträgt CHF 47'901'655 und ist eingeteilt in 47'901'655 Namenaktien zu je CHF 1 Nennwert. Die Aktien sind an der SWX Swiss Exchange kotiert. Die Logitech hielt per 31. Dezember 2002 1'986'704 eigene Aktien, was  ca. 4.15% des Aktienkapitals und der Stimmrechte der Gesellschaft entspricht.

B.
Anfangs November 2002 erfuhr die Übernahmekommission, dass Logitech am 23. Juli 2002 in den elektronischen Medien (Bloomberg und Reuters) sowie auf ihrer Homepage angekündigt hatte, während eines Zeitraums von zwölf Monaten eigene Aktien im Umfang von CHF 75'000'000 zurückzukaufen. Basierend auf dem volumengewichteten Tagesdurchschnittskurs vom 22. Juli 2002 entspricht dies 2.51 % des Kapitals (und der Stimmrechte) von Logitech.

C.
Mit Schreiben vom 7. November 2002 wurde Logitech mitgeteilt, dass der am 23. Juli 2002 öffentlich angekündigte Aktienrückkauf der Übernahmekommission zu unterbreiten sei und nur dann von der Anwendbarkeit der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote ausgenommen werden könne, sofern er den in der Mitteilung Nr. 1 der Übernahmekommis-sion vom 28. März 2000 („Mitteilung Nr. 1“), welche am 1. September 2000 in Kraft trat, aufgeführten Voraussetzungen entspreche. Wenn Logitech an ihrem Aktienrückkaufsprogramm festhalten wolle, sei ein entsprechendes Gesuch einzureichen.

D.
Mit begründeten Eingaben vom 18. und 25. November 2002 ersuchte Logitech die Übernahmekommission um Freistellung ihres Rückkaufsangebots von der Beachtung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote. Die Gesellschaft führte unter anderem aus, dass bis anhin folgende Bestimmungen der Mitteilung Nr. 1 nicht eingehalten worden seien:

- Ziff. III./3.3 (tägliches Rückkaufsvolumen)


- Ziff. III./3.6 (regelmässige Publikation der getätigten Transaktionen)

E.
Ob Ziff. III./3.4 der Mitteilung Nr. 1 (Anbieter darf bei Eröffnungs- und ähnlichen Auktionen keine Kaufaufträge eingeben) eingehalten wurde, kann für die Zeit vom 23. Juli 2002 bis zum 6. September 2002 gemäss der Bank, welche die Rückkäufe bereits ausführte, nicht mehr festgestellt werden.

F.
Am 9./14. Januar 2002 liess Logitech der Übernahmekommission sodann das neue Rückkaufsinserat zukommen, welches sie am 22. Januar 2003 zu veröffentlichen beabsichtigt.

G.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Ulrich Oppikofer (Präsident), Herrn Thierry de Marignac und Frau Claire Huguenin gebildet.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Anwendung der Bestimmung über öffentliche Kaufangebote

Öffentliche Angebote einer Gesellschaft zum Rückkauf eigener Aktien stellen "öffentliche Kaufangebote" im Sinn von Art. 2 lit. e BEHG dar. Sie unterstehen damit den Bestimmungen des 5. Abschnitts dieses Gesetzes (siehe Verfügung der EBK vom 4. März 1998 in Sachen Pharma Vision et al., E. 2). Die Übernahmekommission kann den Anbieter von der Beachtung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote befreien, wenn Gleichbehandlung, Transparenz, Lauterkeit sowie Treu und Glauben gewährleistet sind und überdies keine Hinweise auf eine Umgehung des Börsengesetzes oder anderer Gesetzesbestimmungen vorliegen. In ihrer Mitteilung Nr. 1 vom 28. März 2000 legte die Übernahmekommission die Voraussetzungen fest, unter welchen eine solche Freistellung erfolgen kann.

Ob die genannten Grundsätze eingehalten sind, kann aufgrund der Tatsache, dass Logitech ihr Aktienrückkaufsprogramm nicht vorab bzw. von Anfang an von der Übernahmekommission bewilligen liess, sondern erst auf deren Intervention hin ein entsprechendes Gesuch einreichte, nicht ohne Weiteres beurteilt werden (vgl. dazu nachstehend Ziffer 2). Es liegen weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht eindeutig klare Verhältnisse vor, weshalb eine Freistellung im Meldeverfahren nach Ziff. III. der Mitteilung Nr. 1 nicht möglich ist (vgl. Empfehlung in Sachen Lonza Group AG vom 7. Juni 2002, E. 2.2; Empfehlung in Sachen Swissfirst AG vom 17. Oktober 2002, E. 1). Da sich der Aktienrückkauf von Logitech auf über 2% ihres Kapitals bezieht (vgl. Sachverhalt Punkt B.), kommt eine generelle Freistellung gemäss Ziff. II der Mitteilung Nr. 1 von vornherein nicht in Frage. Gestützt auf ein begründetes Gesuch kann die Übernahmekommission Rückkaufsangebote dennoch von der Beachtung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote freistellen, sofern dies mit den Zielsetzungen des Börsengesetzes vereinbar ist (Ziff. IV der Mitteilung Nr. 1). Ziff. III der Mitteilung Nr. 1 ist dabei analog anwendbar (vgl. Empfehlung in Sachen Gurit-Heberlein AG vom 20. April 2001, E. 3.4; Empfehlung in Sachen Alpine AG vom 15. April 2002 E. 4.3). Diese Prüfung wird die Übernahmekommission nachstehend vornehmen.

2. Einhaltung der börsenrechtlichen Grundsätze
2.1 Überprüfung der Freistellungsvoraussetzungen für die Zeit vom 23. Juli 2002 bis 21. Januar 2003

2.1.1 Die Bestimmungen gemäss Mitteilung Nr. 1 bezwecken – wie erwähnt – in erster Linie die Sicherstellung der börsenrechtlichen Grundsätze der Gleichbehandlung der Markteilnehmer, der Transparenz, der Lauterkeit und von Treu und Glauben. Hinsichtlich der einzelnen von Logitech – ihren eigenen Angaben nach –  nicht eingehaltenen Bestimmungen der Mitteilung Nr. 1 ist Folgendes festzuhalten:

2.1.1.1 Die Bestimmung gemäss Ziff. III./3.3 der Mitteilung Nr. 1, wonach die Gesellschaft bei einem Rückkauf zum Marktpreis auf der ordentlichen Handelslinie pro Börsentag nicht mehr als 25% des durchschnittlichen Tagesvolumens zurückkaufen darf (welches der betreffende Titel in den jeweils dreissig vorangegangenen Börsentagen im börslichen Handel auf dieser Linie erzielt hat) soll gewährleisten, dass eine übermässige Nachfrage im betreffenden Titel aufgrund des Rückkaufsprogramms zu keiner Destabilisierung des Marktes und zu zufälligen Kursen führt.
Im vorliegenden Fall hat Logitech am 6. August 2002 mehr als 30% des durchschnittlichen Tagesvolumens zurückgekauft. Betrachtet man den entsprechenden Kursverlauf der Logitech-Namenaktie kann hier indessen nicht von einer wesentlichen Kursbeeinflussung ausgegangen werden.

2.2.1.2 Das Verbot der Eingabe von Kaufaufträgen nach Ziff. III./3.4 der Mitteilung Nr. 1 während der Eröffnungs-, Schlussauktion sowie der anschliessend an ein „stop trading“ erfolgenden Auktion hat folgenden Hintergrund: Die anlässlich einer solchen Auktion zustande gekommenen Kurse werden von den Marktteilnehmern als besonders repräsentativ und aussagekräftig betrachtet. Deshalb soll eine eigene Aktien zurückkaufende Gesellschaft keinen Einfluss auf eine solche Auktion nehmen können.
In casu ist es der mit dem Rückkauf beauftragten Bank nicht möglich zu bestätigen, dass die Bestimmung von Ziff. III./3.4 der Mitteilung Nr. 1 in der Zeit vom 23. Juli 2002 bis 6. September 2002 eingehalten wurde.

2.1.1.3 Die regelmässige Publikation getätigter Transaktionen nach Ziff. III./3.6 der Mitteilung Nr. 1 schliesslich dient der Information der Marktteilnehmer und damit deren Gleichbehandlung sowie der Markttransparenz.
Bis zur Intervention durch die Übernahmekommission hat es Logitech unterlassen, die erwähnten Transaktionen zu veröffentlichen. Daher hat ihr Rückkaufsprogramm vom 23. Juli 2002 bis ca. Ende November 2002 die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung der Aktionäre nicht eingehalten.

2.1.1.4 Den börsenrechtlichen Grundsätzen entsprechend hat der Anbieter ausserdem ein Angebotsinserat zu veröffentlichen, das mindestens die im „Formular für Gesuch um Freistellung durch Meldeverfahren“ verlangten Angaben enthält. Dem in den elektronischen Medien von Logitech am 23. Juli 2002 veröffentlichte Inserat ist lediglich zu entnehmen, dass die Gesellschaft ein Aktienrückkaufsprogramm im Volumen von rund CHF 75'000'000 (ca. USD 50'000'000) über die nächsten zwölf Monate starte. Eine solche Publikation via Internet genügt den verlangten Anforderungen nicht (vgl. dazu nachstehend Punkt 2.2.1 und 2.2.2).

2.1.2 Vorliegend ist erstellt, dass Logitech vom 23. Juli 2002 bis 31. Dezember 2002 gestützt auf ihr Rückkaufsinserat vom 23. Juli 2002 insgesamt 1'050'000 eigene Aktien über die ordentliche Handelslinie erworben hat. Wie oben erwähnt, wurden in dieser Zeitspanne verschiedene Bestimmungen, die der Sicherstellung eines fairen Handels unter Wahrung der Grundsätze der Gleichbehandlung der Aktionäre, der Transparenz, der Lauterkeit sowie Treu und Glauben dienen, nicht eingehalten. Aus heutiger Sicht sind jedoch keine Anzeichen erkennbar, dass Aktionäre geschädigt wurden, und aus Verhältnismässigkeits- und Praktikabilitätsgründen ist auf die nachträgliche Erfüllung der entsprechenden gesetzlichen Vorschriften zu verzichten. Die allfällige Einleitung von weitergehenden Abklärungen ist Sache der Aufsichtsbehörde (vgl. dazu Art. 6 BEHG), an die sich selbstverständlich auch jeder Aktionär wenden kann. Entsprechend den börsenrechtlichen Grundsätzen ist hier der Vollständigkeit halber zu verlangen, dass der mit dem Rückkauf beauftragte Börsenteilnehmer für die Zeit vom 23. Juli 2002 bis zum 21. Januar 2003 der Übernahmekommission eine Erklärung abzugeben hat, die bestätigt, dass die in den Ziffern III./3.2 bis 3.6 genannten Voraussetzungen der Mitteilung Nr. 1 – mit Ausnahme des oben unter Punkt 2.1.1.1 bis 2.1.1.3 Erwähnten – eingehalten worden sind (vgl. Ziff. III./3.8 der Mitteilung Nr. 1).

2.2 Überprüfung der Freistellungsvoraussetzungen für die Zeit vom 22. Januar 2003 bis 22. Juli 2003

2.2.1 Eine Voraussetzung für die Freistellung eines öffentlichen Aktienrückkaufs von der Beachtung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote ist die Veröffentlichung eines Angebotsinserats, dessen Inhalt zumindest die im „Formular für Gesuch um Freistellung durch Meldeverfahren“ verlangten Angaben analog zu enthalten hat (vgl. oben Punkt 1, zweiter Absatz sowie Ziff. III., erster Absatz der Mitteilung Nr. 1). Gemäss Praxis der Übernahmekommission muss das Rückkaufsinserat landesweite Verbreitung finden, indem es in zwei oder mehreren Zeitungen in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht wird. Ausserdem ist es mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien, welche Börseninformationen veröffentlichen, zuzustellen (vgl. Art. 18 Abs. 1 und 2 UEV-UEK).
Das Rückkaufsinserat vom 22. Januar 2003 erfüllt die genannten Voraussetzungen. Neu ist darin der Verwendungszweck der zurückgekauften Titel enthalten (Finanzierung eines Mitarbeiter-Beteiligungsplanes und die Sicherstellung einer Wandelanleihe), die Beteiligung der Aktionäre, welche mehr als 5% der Stimmen des Anbieters halten sowie die Bestätigung, dass Logitech über keine nicht-öffentlichen Informationen verfügt, welche die Entscheidung der Aktionäre massgeblich beeinflussen könnten. Die Aktionäre können somit (neu) ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage fällen. Dem Grundsatz der Transparenz ist in diesem Punkt genügend Rechnung getragen.

2.2.2 Logitech stellt ferner das Gesuch, die von ihr gemäss Ziff. III./3.6 der Mitteilung Nr. 1 getätigten Transaktionsmeldungen auf ihrer Internetseite publizieren zu dürfen. Die genannte Bestimmung legt nicht fest, wo diese Transaktionsmeldungen zu veröffentlichen sind. Sollen sie auf der Internetseite einer Gesellschaft bekannt gegeben werden, ist aus Transparenzgründen im Rückkaufsinserat die entsprechende elektronische Adresse bzw. die exakte Fundstelle anzugeben. Da das Rückkaufsinserat von Logitech neu auch diese Anforderung erfüllt, kann diesem Begehren ebenfalls stattgegeben werden.

2.1.3  Im Übrigen entspricht der Rückkauf von Logitech ab dem 22. Januar 2003 den Voraussetzungen von Ziff. III./1 und 3 der Mitteilung Nr. 1, welche wie erwähnt hier analog Anwendung findet. Ab diesem Datum kann er folglich unter den in Ziff. III./1 und 3 der Mitteilung Nr. 1 definierten Auflagen von der Anwendung der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote freigestellt werden.

3. Publikation

Diese Empfehlung wird antragsgemäss und gestützt auf Art. 23 Abs. 3 BEHG am Tag der Publikation des Rückkaufsangebots, d.h. voraussichtlich am 22. Januar 2003, auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

4. Gebühr

In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 62 Abs. 6 UEV-UEK wird eine Gebühr von CHF 20'000 erhoben. 

  1. Es wird im Sinn der Erwägungen 2.1 festgestellt, dass das Rückkaufsangebot der Logitech International S.A. für die Dauer vom 23. Juli 2002 bis 21. Januar 2003 nicht den Bestimmungen gemäss Mitteilung Nr. 1 entsprochen hat; es wird für den genannten Zeitraum im Sinn der Erwägung 2.1.2 den in Ziff. III./1 und 3 der Mitteilung Nr. 1 definierten Auflagen anlog unterstellt.  

  2. Das Rückkaufsangebot der Logitech International S.A. wird für Dauer vom 22. Januar 2003 bis 22. Juli 2003 von der Anwendung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote freigestellt und ist analog den in Ziff. III./1 und 3 der Mitteilung Nr. 1 definierten sowie den in Dispositiv Ziffer 1 festgehaltenen Auflagen unterstellt. 

  3. Diese Empfehlung wird am 22. Januar 2003 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht. 

  4. Die Gebühr zu Lasten der Logitech International S.A. beträgt CHF 20'000. 


Der Präsident des Ausschusses:

Ulrich Oppikofer

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.


Mitteilung an:

  • Logitech International S.A., durch ihre Vertreter;

  • Die Eidgenössische Bankenkommission