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Transaktionen

0127 - Alpine Select AG

Empfehlung in Sachen Alpine Select AG vom 15. April 2002

Öffentliches Rückkaufsangebot der Alpine Select AG, Zug

A.
Die Alpine Select AG (Alpine) ist eine Investmentgesellschaft mit Sitz in Zug. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 19'600'000.-- und ist eingeteilt in 1'960'000 Namenaktien zu CHF 10.-- Nennwert. Die Namenaktien sind an der Schweizer Börse kotiert. Die Alpine hält keine eigenen Titel.
Die drei Hauptaktionäre der Alpine sind die Laxey Partners Limited, Isle of Man, welche 445'629 Namenaktien oder 22.74% des Aktienkapitals und der Stimmrechte hält, das Pendragon Capital Management, London, das 215'393 Namenaktien oder 10.99% des Kapitals und der Stimmrechte hält und die Fabrel AG, Hergiswil, die über 195'000 Namenaktien oder 9.95% des Kapitals und der Stimmrechte verfügt.

B.
Am 11. Dezember 2001 hat die ausserordentliche Generalversammlung der Alpine den Verwaltungsrat ermächtigt, bis zur ordentlichen Generalversammlung für das Geschäftsjahr 2001 – voraussichtlich am 25. Juni 2002 – bis zu maximal 20% eigener Aktien im Rahmen eines Aktienrückkaufsprogramms zu erwerben. Der Verwaltungsrat der Alpine beschloss anlässlich seiner Sitzung vom 17. Januar 2002, maximal 20% des Kapitals bzw. der Stimmrechte (392'000 Namenaktien) der Gesellschaft zwecks Kapitalherabsetzung mittels Festpreisangebot zurückzukaufen. Der Angebotspreis von CHF 77.70 (brutto) wurde nach der Ermittlung des Net Asset Value pro Namenaktie Alpine (NAV) am 12. April 2002, zwischen dem Börsenschlusskurs und dem NAV festgelegt. Das Angebot dauert vom 16. bis 30. April 2002. Das Ergebnis wird am 2. Mai 2002 in den elektronischen Medien und am 3. Mai 2002 in der Presse publiziert.

C.
Am 25. Februar 2002 ersuchte Alpine die Übernahmekommission um Freistellung ihres Rückkaufsangebots von der Beachtung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote. Dem Gesuch legte sie den zur Publikation bestimmten Entwurf des Inseratstextes bei.

D.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus den Herren Hans Caspar von der Crone (Präsident), Thierry de Marignac und Peter P. Hügle gebildet.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:


1. Anwendbarkeit der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote

Öffentliche Angebote einer Gesellschaft zum Rückkauf eigener Aktien stellen "öffentliche Kaufangebote" im Sinne von Art. 2 lit. e BEHG dar. Sie unterstehen damit den Bestimmungen des 5. Abschnitts dieses Gesetzes (siehe Verfügung der EBK vom 4. März 1998 in Sachen Pharma Vision et al., E. 2). Die Übernahmekommission kann dabei den Anbieter von der Beachtung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote befreien, wenn Gleichbehandlung, Transparenz, Lauterkeit sowie Treu und Glauben gewährleistet sind und überdies keine Hinweise auf eine Umgehung des Börsengesetzes oder anderer Gesetzesbestimmungen vorliegen. In ihrer Mitteilung Nr. 1 vom 28. März 2000 (Mitteilung Nr. 1), welche am 1. September 2000 in Kraft trat, legte die Übernahmekommission die Voraussetzungen fest, unter welchen eine solche Freistellung erfolgen kann.
Da sich der geplante Aktienrückkauf der Alpine auf über zehn Prozent des Kapitals und der Stimmrechte der Gesellschaft bezieht, erfüllt das vorliegende Rückkaufsangebot weder die Voraussetzungen für eine generelle Freistellung nach Ziff. II der obengenannten Mitteilung, noch diejenigen für eine Freistellung durch Meldeverfahren gemäss Ziff. III derselben. Gestützt auf ein begründetes Gesuch kann die Übernahmekommission aber Rückkaufsangebote dennoch von der Beachtung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote freistellen, sofern dies mit den Zielsetzungen des BEHG vereinbar ist (Ziff. IV der Mitteilung Nr. 1). Diese Prüfung wird die Übernahmekommission nachstehend vornehmen.

2. Verhältnis zwischen den Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote und dem Aktienrecht

Das Übernahmerecht bezweckt, die Lauterkeit und die Transparenz von öffentlichen Kaufangeboten sowie die Gleichbehandlung der Anleger sicherzustellen (vgl. Art. 1 i.V.m. Art. 28 lit. c BEHG i.V.m. Art. 1 UEV-UEK). Auf diesem Weg soll das Kräfteungleichgewicht zwischen einem Anbieter und einer Zielgesellschaft einerseits sowie den Aktionären einer Publikumsgesellschaft andererseits, welches aufgrund der erschwerten Koordinationsmöglichkeit der Anleger entsteht, wiederhergestellt werden. Der Übernahmekommission obliegt die Einhaltung der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote des Börsengesetzes und dessen Ausführungsverordnungen (Art. 23 Abs. 3 BEHG). Zum Aktienrecht nimmt sie insoweit Stellung, als es sich dabei um eine Vorfrage zu einer in ihren Kompetenzbereich fallenden übernahmerechtlichen Frage handelt (vgl. Art. 96 Abs. 3 OG; Entscheid des Schweizerischen Bundesgerichts vom 2. Juli 2001, 2A.394/2000). Dies ist immer dann der Fall, wenn die Beantwortung der gesellschaftsrechtlichen Frage einen Einfluss auf die börsen- bzw. übernahmerechtlich zu beurteilende Frage hat, sei es mit Blick auf die Einhaltung einer konkreten Bestimmung oder sei es im Zusammenhang mit der Einhaltung eines allgemeinen börsenrechtlichen Grundsatzes.
In casu erfolgt der Erwerb eigener Aktien zwecks Kapitalherabsetzung in der Höhe von bis zu 20% des Nominalkapitals gestützt auf einen Beschluss der Generalversammlung und ist von daher sowohl aktien- als auch übernahmerechtlich unbedenklich.

3. Aktionariatsstruktur

3.1 Ein Aktienrückkauf, dessen Umfang über 10 % des Kapitals oder der Stimmrechte liegt, kann unter anderem dann von der Anwendung der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote freigestellt werden, wenn die Gesellschaft darlegt, dass es durch den Rückkauf zu keiner wesentlichen Änderung der Aktionariatsstruktur kommt (siehe Empfehlung in Sachen Mövenpick Holding vom 27. Oktober 2000, E.2).

3.2 Alpine beabsichtigt, jedem Aktionär pro Namenaktie einen Festpreis von CHF 77.70 (brutto) zu bezahlen. Werden mehr als 20% der Titel angedient, so ist eine proportionale Kürzung der angedienten Aktien vorgesehen.
Das vorliegende Rückkaufsangebot führt zu keiner enormen Erhöhung der Stimmkraft der drei im Sachverhalt genannten Hauptaktionäre. Ob sich Letztere am Aktienrückkaufsprogramm beteiligen werden, ist gemäss Prospekt nicht bekannt. Laut Alpine sei sodann das vorliegende Rückkaufsprogramm insbesondere für institutionelle Investoren attraktiv, was grundsätzlich eine positive Wirkung auf den Free Float habe, da der prozentuale Anteil der Kleinaktionäre an den ausstehenden Aktien entsprechend verbessert werde.

Insgesamt wird der geplante Aktienrückkauf zu keiner wesentlichen Veränderung der Aktionariatsstruktur und damit zu keiner massgeblichen Veränderung der Kontrollverhältnisse innerhalb der Gesellschaft führen.

4. Einhaltung der börsenrechtlichen Grundsätze

4.1. Die Aktionäre von Alpine haben den Verwaltungsrat an der ausserordentlichen Generalversammlung vom 11. Dezember 2001 ermächtigt, bis zur ordentlichen Generalversammlung bis zu maximal 20% eigene Aktien im Rahmen eines Aktienrückkaufprogramms zu erwerben. Anlässlich seiner Sitzung vom 17. Januar 2002 hat der Verwaltungsrat beschlossen, maximal 20% des Kapitals mittels Festpreisofferte zurückzukaufen. Für diese Aktien wird er an der nächsten ordentlichen Generalversammlung eine Kapitalherabsetzung beantragen. Die konsolidierte Jahresrechnung für das Geschäftsjahr 2001 einschliesslich Bilanz- und Erfolgsrechnung von Alpine sind auf www.alpine-select.ch ersichtlich oder können bei der Bank Julius Bär & Co. AG, Zürich kostenlos bezogen werden. Die Aktionäre können somit ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage fällen. Dem Grundsatz der Transparenz ist auch in diesem Punkt genügend Rechnung getragen.

4.2. Alpine bestätigt sodann in ihrem Angebotsinserat, dass sie über keine nicht-öffentlichen Informationen verfügt, welche die Entscheidung der Aktionäre massgeblich beeinflussen könnten.

4.3 Im Weiteren entspricht der geplante Rückkauf der Alpine den Voraussetzungen von Ziff. III/1 und 2 der Mitteilung Nr. 1 vom 28. März 2000, welche analog Anwendung finden. Er kann folglich unter den in Ziff. III/1 und 2 der Mittelung Nr. 1 definierten Auflagen von der Anwendung der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote freigestellt werden.

5. Publikation

Diese Empfehlung wird gestützt auf Art. 23 Abs. 3 BEHG am Tag der Publikation des Rückkaufsangebots, d.h. voraussichtlich am 16. April 2002, auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

6. Gebühr

In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 62 Abs. 6 UEV-UEK wird für die Beurteilung der vorliegenden Transaktion eine Gebühr von CHF 20'000.-- erhoben.


Die Übernahmekommission erlässt folgende Empfehlung:

  1. Das Rückkaufsangebot der Alpine Select AG wird von der Anwendung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote freigestellt und ist analog den in Ziff. III/1 und 2 der Mitteilung Nr. 1 vom 28. März 2000 definierten Auflagen unterstellt.

  2. Diese Empfehlung wird am 16. April 2002 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

  3. Die Gebühr beträgt Fr. 20'000.--.

Der Präsident:

Hans Caspar von der Crone

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.


Mitteilung an:

  • Alpine Select AG, durch ihre Vertreterin;
  • die EBK.